Geburtsberichte von Eltern

Ruhe und Entschlossenheit

Erster Besuch

Einige Tage nach dem Entbindungstermin beginnen vormittags die Wehen, abends telefonieren wir mit der diensthabenden Hebamme Andrea und machen uns schließlich auf den Weg. Während der Fahrt haben die Wehen aufgehört, aber Andrea beruhigt uns, dass das von der Aufregung normal sei. Wir werden herzlich von ihr empfangen und dürfen im Geburtsraum in Ruhe ankommen. Nach einiger Zeit untersucht Andrea den Muttermund und empfiehlt uns, noch einmal eine Runde spazieren zu gehen und zu schauen, ob die Wehen stärker werden. Da sich im Laufe des Abends aber nicht viel verändert, lässt sie uns die Wahl, im Geburtshaus zu bleiben oder doch nochmal nach Hause zu fahren. Wir entscheiden uns dazu, nach Hause zu fahren. Andrea gibt mir noch ein paar Hinweise für die Nacht mit auf dem Weg und wir fahren nach Hause, mit dem Wissen, dass die Hebammen jederzeit für uns erreichbar sind.

In der Nacht geht es los

In der Nacht werden die Wehen tatsächlich stärker und intensivieren sich im Laufe des Vormittags. Da wir mittags sowieso einen Termin im Geburtshaus ausgemacht haben, fahren wir dorthin. Wieder werden wir herzlich empfangen, es ist aufgrund des Feiertages ganz ruhig im Geburtshaus. Diese Ruhe und die Ruhe und Gelassenheit von Anna-Lena und der Hebammenpraktikantin sind genau richtig für mich. Ganz entspannt lege ich mich auf eine gemütliche Matratze im Geburtshaus und ganz in Ruhe wird ein CTG geschrieben.

Mein Mann und ich dürfen uns einen der beiden Geburtsräume aussuchen und dort erst einmal ankommen. Wir fühlen uns frei und tanzen zur Musik, die wir mitgebracht haben. Nach einiger Zeit untersucht Anna-Lea den Muttermund und sagt uns ermutigend, dass wir jetzt erst mal im Geburtshaus bleiben werden und die Geburt sicher bald richtig losgeht. Sie schlägt uns vor, im Garten des Geburtshauses zu gehen. Das ist genau das richtige für uns. Während sie sich im vorderen Teil des Gartens aufhält, legen mein Mann und ich uns im hinteren Teil auf eine Decke, ganz ungestört. Die Wehen nehmen zu, ich veratme sie, teilweise in der Hocke, teilweise stütze ich mich auf dem Klettergerüst ab, das im Garten steht. Der Aufenthalt hier war für uns sehr richtig, da wir hier die nötige Ruhe, aber auch Natur, frische Luft, einen neutralen Ort, und erfahren und ungestört sind.

In die Wanne

Schließlich sagt mein Mann, dass er denkt, dass es nun gut wäre, wenn wir rein gehen. Wir geben Anna-Lena Bescheid und schlagen vor, in die Badewanne zu gehen. Zusammen mit meinem Mann und mit Musik, die ich mir schon im Vorhinein als Geburtsplaylist zusammengestellt habe, werden die Wehen in der Badewanne erneut intensiver. Wir fühlen uns die ganze Zeit sicher, gut begleitet, aber uns wird auch die nötige Ruhe gegeben. In einer Position merke ich, dass die Wehen intensiver sind. Anna-Lena sagt mit einem leichten Lachen und Zwinkern in der Stimme, dass das aber eine gute Position ist. Ich habe trotzdem das Gefühl, dass sie es mir vollkommen frei lässt, ob ich in der Position bleibe oder nicht.

Die Wehen kommen regelmäßig, sind sehr intensiv und werden immer länger. Obwohl ich mich im Vorhinein nicht vorstellen konnte, dass ich bei der Geburt so „laut“ bin, töne ich zu jeder Wehe, so wie wir es im Geburtsvorbereitungskurs gelernt haben. Mein Mann und die Hebamme unterstützen mich dabei, indem sie mitmachen. Ich fühle mich richtig gut aufgehoben, nicht beobachtet oder bewertet, sondern vollkommen angenommen und aufgenommen. Sie geben mir genau die Unterstützung und gleichzeitig Freiheit, die ich brauchte. An einem Punkt sage ich, dass ich nicht mehr kann und will und weiß gleichzeitig, dass dieser Punkt oft zu einer Geburt dazugehört. Alle ermutigen mich und gehen weiterhin sehr liebevoll mit mir um.

Raus aus der Wanne

Schließlich platzt endlich die Fruchtblase und im gleichen Moment beginnen die Presswehen. Die zweite Hebamme Maria kommt schließlich dazu, aber das bekomme ich nur nebenbei mit. Die Presswehen sind sehr anstrengend, aber es geht gut voran, sodass der Kopf unseres Babys schon bald da ist. Dann geht es irgendwie nicht richtig weiter, sie sagen, dass das Baby noch dabei ist, die richtige Position für die Drehung der Schulter sucht. Schließlich besprechen sich die Hebammen klar und kurz, dass ein Positionswechsel gut wäre und sagen „Raus aus der Badewanne!“ – mehr zueinander als zu mir. Ich sage, ich kann nicht, aber sie lassen keine Zweifel zu, sind entschlossen und helfen mir aus der Wanne raus. Im Rückblick weiß ich, dass ich auch genau diese Entschlossenheit in dem Moment brauchte und mir das Rausklettern aus der Badewanne die letzte Kraft zum Durchhalten gab.  Sobald ich draußen bin, dauert es nur noch 1-2 Wehen bis unser Sohn geboren ist. Ich erlebe es als einen sehr erlösenden Moment und ganz viel Freude überströmt mich.

Unser Sohn liegt neben uns auf der Matte und ich sehe, dass er ganz blau ist. Einen kurzen Moment lang schießt der Gedanke durch mich, dass er nicht lebt. Aber die Hebammen haben schon längst reagiert und sind schon dabei, ihn mit einem Handtuch zu rubbeln und ihm zuzusprechen. Sie beatmen ihm, da er Schwierigkeiten hat, richtig zu atmen. Ich bete, dass er es schafft. Alle sind ruhig, aber bedacht und keiner in Panik. Sein Puls ist die ganze Zeit da.
er Notarzt kommt, er wird in den Flur gebracht und mein Mann ist bei ihm. Irgendwann kommt jemand herein und sagt, dass alles ok ist und ich höre unseren Sohn schreien.

Fahrt ins Krankenhaus

Dennoch will der Rettungsdienst ihn gerne zur Überwachung mit ins Krankenhaus nehmen, um sicherzugehen, dass seine Atmung sich nicht wieder verschlechtert, wenn er sich beruhigt. Ich frage kurz bei den Hebammen nach, ob sie das auch als sinnvoll erachten und sie bejahen es. Damit können wir dieser Entscheidung beruhigt zustimmen.

Ich liege auf dem Bett im Geburtsraum, ich fühle mich richtig schwach, aber glücklich. Unser Sohn wird leider nur kurz zu mir gebracht und kurz angelegt und er schaut mich an und ist ganz ruhig. Leider wird er dann auch schon wieder mitgenommen. Mit einer leichten Presswehe kommt die Plazenta schließlich, meine Geburtsverletzung wird noch versorgt, wir kommen mit etwas Essen und Trinken langsam zur Entspannung. Anna-Lena erzählt mir noch, dass sie unserem Sohn erklärt hat, was passiert und, dass sie glaubt, dass er das verstanden hat. Sie spricht sehr liebevoll mit mir, ermutigt mich und gibt uns gute Wünsche und Tipps für das Krankenhaus mit auf den Weg. Sie hatte für uns geregelt, dass ich auf jeden Fall als Begleitperson auf der Wochenbettstation übernachten kann.

Alles gut

Im Krankenhaus sind alle sehr freundlich zu uns. Da es schon sehr spät ist, können wir nur noch einmal kurz zu unserem Sohn, der nun auf der Intensivstation liegt. Wir dürfen ihn aber auf den Arm nehmen und ihn auch stillen/anlegen. Am nächsten Tag sind alle Werte unseres Sohnes sehr gut, er soll auf die Säuglingsstation verlegt werden. Schließlich lassen wir uns am Nachmittag in Absprache mit unser Nachsorgehebamme entlassen. Im Rückblick bin ich unglaublich dankbar für die Geburt und die so passende, kompetente, wunderbare Geburtsbegleitung und Hilfe im Geburtshaus – auch im Vorhinein durch die Vorsorgen und den Geburtsvorbereitungskurs.