Geburtsberichte von Eltern

Von der Badewanne ins Geburtshaus

Zum Glück früh angemeldet

Als ich Mitte September 2019 erfuhr, dass ich schwanger war, wünschte ich mir, dass mein Kind im Geburtshaus in Marburg zur Welt käme. Ich konnte mir für die Geburt meines ersten Kindes keinen schöneren Ort vorstellen – in familiärer Atmosphäre, mit liebevoll eingerichteten Räumlichkeiten und solch unbeschreiblich empathischen Hebammen. Daher meldete ich mich bereits (zum Glück!) in der 9. Schwangerschaftswoche für die Geburt dort an.

Aus irgendeinem Grund dachte ich mir immer, dass mein Kind kurz vor errechnetem Termin käme. Ungefähr eine Woche vor „Termin“ war ich von jetzt auf gleich total müde, mir war übel und ich hatte das Gefühl mich zurückziehen zu wollen. Alles mögliche, wenn auch nicht eindeutige, Vorboten einer Geburt. In meinem Fall waren es keine Vorboten. Und dann vergingen die Tage. Ich lebte meinen Nestbautrieb aus und begann zu warten. Hochschwanger in Zeiten der Corona Pandemie hatte ich mich sozial isoliert, was das Warten echt erschwerte, auch wenn ich mir ein paar ablenkende Aufgaben zu Hause suchte.

Das Warten wird lästig

Dann kam der ET und immer noch kein Anzeichen meines Kindes und ich erfuhr, dass ich ab sofort alle zwei Tage im Geburtshaus zur Vorsorge erscheinen müsste, was ich aber nicht als belastend empfand, da die Vorsorgen im Geburtshaus immer auch solch hilfreiche emotionalen Stützen für mich waren. CTGs müssen ab dem Zeitpunkt zwar standardmäßig geschrieben werden, aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass es meinem Kind gut ginge. Im Rahmen der Vorsorgen erzählte ich den Hebammen immer wieder, dass mir das Warten langsam lästig werde und dass mich auch mein Umfeld anfange zu nerven, um herauszufinden, ob das Baby denn schon das Licht der Welt erblickt habe. Daraufhin hatte ich mich entschlossen von heute auf morgen mein Handy in den Flugmodus zu schalten, was zum Teil auch zu Gegenwind in meinem Umfeld führte, mir aber guttat.

Die Hebammen wuschen mir alle getrennt voneinander immer wieder mit ihrer einfühlsamen Art und Weise den Kopf, indem sie mir aufzeigten, dass das Warten doch keinen Sinn mache und ich mich nochmal mit Freunden treffen solle. Das war u.a. ein Knackpunkt für mich, der erst noch gelöst werden musste. Als ich dann anfing schöne Dinge zu unternehmen, war mir nicht bewusst, dass die Geburt kurz bevorstand. Mit Beginn der 42. Schwangerschaftswoche schickte ich noch fröhlich ein Babybauchfoto an meine Familie und dem Kommentar, dass sich der neue Erdenbürger noch Zeit ließe.

Noch eine Pizza

Am gleichen Abend begann aber dann schließlich die Geburt. Gegen 19 Uhr spürte ich, dass sich etwas veränderte. Da ich aber in den Wochen vorher immer wieder Veränderungen wahrgenommen hatte und so oft bereits davon ausgegangen war, dass es jetzt los gehe, dachte ich mir nichts weiter dabei. Mein Freund und ich genossen noch eine Pizza unseres Lieblingsitalieners, die aber – ganz nebenbei erwähnt – während der Geburt leider nicht mehr verdaut werden konnte. Eine Einladung zu Freunden sagte ich dafür aber ab, da ich mich zu müde fühlte. Als mein Freund gegen 23 Uhr dann wiederkam, hatten rückblickend die Geburtswehen schon begonnen.

Hinterfragt hatte ich das aber nicht mehr. Ich habe mich dem Geburtsprozess einfach hingegeben. Als mein Freund dann schließlich schlief und ich merkte, dass ich die Wehen stärker veratmen musste, verließ ich das Schlafzimmer und verbrachte einige Stunden, alleine im Wohnzimmer – genauso wie ich dies auch immer vorab visualisiert hatte. Ich atmete in meiner Stille, in der Dunkelheit, auf der Couch oder der Yogamatte aber immer in tiefer Verbindung mit meinem Baby.

Lust auf ein Vollbad

Um drei Uhr bekam ich Lust auf ein Vollbad. Da die Wehenabstände schon kürzer wurden, weckte ich meinen Freund, der mir dann ein Bad einließ und dann weiterschlief, da ihm nicht bewusst war, dass ich gerade schon mitten unter der Geburt war. Auch wenn ich so viel Literatur rund um die Themen Schwangerschaft und Geburt gelesen und im Geburtsvorbereitungskurs gelernt hatte, hinterfragte ich an dieser Stelle nicht, dass das warme Wasser natürlich dafür sorgte, dass die Geburtswehen stärker und die Abstände kürzer wurden.

Kaltstart für meinen Freund

Erst nach meinem Entspannungsbad, realisierte ich: JETZT sollten wir ins Geburtshaus fahren. Ich weckte meinen Freund, der zu dieser Zeit (ca. kurz vor 4h) einen absoluten Kaltstart als Geburtsbegleiter erlebte. Er war direkt voll wach und rief Tamara für mich an. Sie wollte aber dann auch mit mir sprechen und begrüßte mich mit so kraftvollen Worten wie „Hallo, du starke Frau“. Während des maximal fünfminütigen Gespräches durfte ich erneut Wehen veratmen.

Wir verabredeten uns dann schließlich im Geburtshaus und ich brauchte länger als gedacht, denn ich war absolut in meinem „Film“, ging nochmal sehr eilig zur Toilette und versuchte mich irgendwie für die Fahrt ins Geburtshaus fertig zu machen, was ich aber ganz schnell über den Haufen geworfen habe, da die Geburt dafür bereits zu weit fortgeschritten war. Ich machte mich also mit Schlappen und Bademantel auf den Weg – so hatte ich mir das tatsächlich nicht ausgemalt. Mein Freund packte derzeit unsere Taschen und den Maxi Cosi und los ging die Fahrt von Wehrda ins Südviertel.

Brennende Kerzen

Dort angekommen sagte uns Tamara, dass wir schon Mal in den Geburtsraum gehen können, sie käme sofort nach. Ich nahm alles nur noch sehr verschwommen und gefiltert wahr. Im Geburtsraum nahm ich aber noch wahr, dass Kerzen brannten und eine absolut vertraute Atmosphäre herrschte. Tamara sagte mir noch, dass sie mich jetzt gerne untersuchen würde. Dazu war ich absolut nicht in der „Stimmung“, da mir schon bewusst war, dass die Geburt sehr sehr weit fortgeschritten war.

Ich realisierte erst, dass ich untersucht worden bin, nachdem ich sie hab hören sagen, dass der Muttermund schon voll geöffnet sei und kurz darauf rief sie auch schon Andrea als zweite Hebamme an. Dass in der Zwischenzeit dann Andrea eingetroffen war, ging auch an mir vorüber. Ich war schon mitten in den Presswehen und wurde immer wieder gelobt, unterstützt und für die letzten zwei Wehen auch angeleitet in die tiefe Hocke zu gehen. Darauf wäre ich in diesem Moment nicht im Ansatz mehr selber gekommen. Umso dankbarer war ich für die konkrete Anleitung und zwei Wehen später lag mein schreiendes, süßes und absolut perfektes Baby unter mir.

Es fehlen die Worte

Mir fehlten die Worte, ich erinnere mich, dass ich es einige Zeit einfach angeschaut und bestaunt habe, bis mir gesagt wurde: „Nimm ihn dir gerne auf den Arm“. Und von da an begann die wundervolle Bonding Zeit im Geburtshaus. Ich legte mich mit Baby auf der Brust ins Bett, mein Freund neben uns. Wir beide waren so tief berührt, sprachlos und immens glücklich.

Nachdem mein Freund die auspulsierte Nabelschnur durchtrennt hatte und sich dann seinen Sohn auf die Brust gelegt hatte, durfte ich noch die Plazenta gebären und mich dann wieder zu meiner Familie ins Bett legen. Dann haben irgendwann die beiden Hebammen den Raum unkommentiert verlassen und wir genossen die Dreisamkeit und wurden zwischendurch mit Getränken und einer Wärmeflasche versorgt und im Anschluss wurde unser Baby untersucht und für den Heimweg vorbereitet. Leider musste ich noch genäht werden, wenn es aber auch wie im Halbschlaf an mir vorüberging was auch durch das tiefe Vertrauen zu den beiden Hebammen bedingt war. Um 6:01 war unser Sohn geboren und um 9 Uhr lagen wir schon zu Hause in unserem Bett.

Unendlich dankbar

Ich bin unendlich dankbar für diese tolle Begleitung im Rahmen der Vorsorge, Geburtshilfe und Nachsorge an einem so warmen Ort. Ich freue mich jetzt schon sehr auf weitere Begegnungen im Geburtshaus im Rahmen von weiteren Kursen (Rückbildung; Mama-Baby-Yoga etc.), die ich gerne besuchen möchte.

Ein riesen (!!) Dank gilt Tamara und Andrea. Danke für diese unglaubliche Begleitung unter der Geburt. Ich hab‘ mich zu jeder Zeit absolut sicher gefühlt – einfach in den perfekten Händen. Mein Dank gilt aber auch Lori und Ute aus dem Hebammenteam. Ihr wart beide solch unbeschreibliche Stützen im Rahmen der Vorsorgetermine ebenso wie auch alle anderen Hebammen, die wir gemeinsam als Paar kennenlernen durften. Mit dem Wissen, dass wir alle Hebammen, die uns potentiell unter der Geburt begleiten könnten, schon kennengelernt hatten, konnte ich mich noch entspannter dem Geburtsprozess hingeben und einfach LOSLASSEN! Danke auch an Maja, die uns derzeit so liebevoll im Wochenbett begleitet!

Lisa