Geburtsberichte von Eltern

Zeit zum Loslassen

Fünf Tage über Termin

Fünf Tage über Termin und noch immer kein Zeichen, dass unsere Tochter endlich hinaus in die Welt will. In der Nacht von Sonntag auf Montag werde ich wach. Es ist ca. 3 Uhr, an Schlafen ist nicht zu denken. „Wie war das nochmal mit dem Blasensprung?“, frage ich mich und gucke schnell in einem Buch nach. Ein Gang aufs Klo und dann … feucht und warm wird es zwischen meinen Beinen. 1000 mal habe ich mir den Zeitpunkt versucht auszumalen an dem es losgeht, aber dass ich dabei so ruhig bleiben würde, hätte ich nicht gedacht.

Anruf im Geburtshaus

Ich mache es mir im Wohnzimmer gemütlich, ein leichtes Ziehen und wohl die ersten leichten, unregelmäßigen Wehen kann ich feststellen. Erst um 8:00 Uhr wecke ich meinen Mann, er ist sofort hellwach. Ein Anruf im Geburtshaus, eine Stunde später sind wir zur Untersuchung dort. Muttermund erst 1-2cm offen. Die Hebamme schickt uns nach Hause, wir sollen in ein bis zwei Stunden wiederkommen. Ich fühle mich unendlich müde, weshalb wir uns ins Bett kuscheln und nochmal tief und fest schlafen können. So fahren wir erst gegen 15 Uhr zurück ins Geburtshaus.

Badewanne und Pizza

Der Muttermund erst 2-3cm offen, die Wehen noch sehr gut erträglich. Da gerade eine andere Frau in der Austreibungsphase ist und ich bei den Geräuschen ein wenig Panik vor unserer bevorstehenden Geburt bekomme, fahren wir ein zweites Mal nach Hause. Ich lasse mir ein Bad ein, dazu gibt es Pizza. Wie es in jedem Fachbuch geschrieben steht, werden auch bei mir die Wehen durch die Wanne verstärkt, die Geburt hat also begonnen (nicht, dass ich daran zu diesem Zeitpunkt noch gezweifelt habe …).

Ins Geburtshaus

Ich lege mich auf unser Bett und veratme die Wehen. Ich bin ganz bei mir, kann mich den Wellen der Wehen voll hingeben und in den Wehenpausen total entspannen. Um 18 Uhr rufe ich im Geburtshaus an. Die Hebamme fragt mich, ob ich kommen will. Ich weiß es nicht, will nur wissen, ob mein Muttermund sich weiter geöffnet hat. Die Hebamme ist sich dessen sicher. Wir vereinbaren, dass wir nicht vor 18:30 Uhr kommen, damit sie die letzte Geburt abschließen kann. Keine 30 Minuten später rufe ich meinen Mann und sage ihm, dass wir JETZT ins Geburtshaus fahren müssen, und zwar schnell.

Kerzenschein und wohlige Wärme

Im Geburtshaus werde ich untersucht. Muttermund 8 cm offen. Ich bin erleichtert und merke einen regelrechten Energieschub. So gespannt war ich auf die Geburt und wie ich mit den Schmerzen klarkommen würde. Aber es wurde zwischendurch doch mühsam! So war es toll zu hören, dass die letzten Stunden zu Hause sehr effektiv waren. Ich ging in die Geburtswanne und fühlte mich wie eine Königin:

Kerzenschein, wohlige Wärme, mein Mann an meiner Seite und die Hebamme, die meine Wünsche schneller erfüllte als ich sie selbst merkte. Meine Wehen wurden stärker, ich musste kräftig veratmen, hatte in den Wehenpausen aber weiterhin Energie und Freude an Gesprächen mit der Hebamme und meinem Mann. Ab diesem Zeitpunkt verlässt mich jegliches Zeitgefühl.

Zeit zum Loslassen

Ich musste irgendwann auf die Toilette, danach wollte ich nicht zurück in die Gebärwanne (dabei hatte ich mir doch immer eine Wassergeburt gewünscht). Im Vierfüßlerstand kniete ich am Bett, der Muttermund immer noch nicht vollständig, ich aber zunehmend erschöpft. Der Wehenschmerz zog in meinen Rücken, ich wusste nicht mehr , wo unten und oben ist und hätte in der Klinik spätestens jetzt eine PDA verlangt.

Im Nachhinein weiß ich, dass ich Zeit zum Loslassen brauchte, Zeit, um mich von der Schwangerschaft zu verabschieden und um mich auf meine neue Rolle als Mutter einlassen zu können (Man könnte auch sagen: Ich brauchte noch Zeit, um meinen Kopf auszustellen. :-)). Die Hebamme sagte mir dann irgendwann, ich solle doch mal den Rücken rund machen, damit unsere Tochter in den Geburtseingang rutschen kann.

Meine Tochter ist da

Mit der Hilfe meines Mannes habe ich die richtige Bewegung gefunden – und dann konnte ich Pressen. Wie lange – gefühlt ewig! Gut, endlich den Schmerz in andere Bahnen lenken zu können, aktiv was machen zu können – welch ein tolles Gefühl endlich die Haare meines Kindes erspüren zu können. Die Hebammen und mein Mann waren begeistert WIE viele Haare unsere Tochter hat. Das gab mir Energie weiterzupressen. Was war ich überrascht, dass meine Tochter dann doch plötzlich da war (Geburtszeit 22:54). Leider war die Nabelschnur zu kurz, so dass die Hebamme das kleine Wunder abnabeln musste und mir erst danach auf den Bauch legen konnte

Du bist das Schönste, was ich je gesehen habe

Ich konnte nur vor Glück staunen, wiederholte unzählige Mal: „Du bist das Schönste, was ich je gesehen habe!“ und hatte die Strapazen der Geburt schon fast vergessen. Die Nachgeburt und das Nähen meiner Dammverletzung erlebte ich wie in Trance, genauso wie die Zeit direkt nach der Geburt. Es war wie im Traum: Die Hebammen verließen den Raum ohne dass ich es merkte. Mein Mann und ich konnten unsere Tochter ganz alleine Willkommenheißen, bestaunen, ansehen, anfassen und irgendwie versuchen zu begreifen, welches Wunder uns da gerade wiederverfahren ist.

Hebammenengel

Alles war wie ich es mir für die Geburt meiner Tochter gewünscht hatte: warmes Licht, Kerzenschein, absolute Ruhe, nur wir, Wärme, Glück, Geborgenheit, Intimität – Vollendung! Irgendwann kamen die Hebammenengel zurück, mit einer Tasse heißer Suppe und Getränken. Unsere Tochter lag in der Zeit bei meinem Mann im Arm. Nachdem ich den ersten Gang zur Toilette mit Unterstützung (und ohne fester Bauchkugel) gemeistert hatte, waren wir fertig für den Rückweg nach Hause. Die Zeit des Wochenbetts habe ich als einmalige, verzauberte Zeit in Erinnerung, begleitet durch tolle Betreuung der Hebamme, hilfreichen Tipps, vielen Besuchen und überwältigenden Momenten zusammen mit unserer Tochter.

Wenn ich zusammenfassend die Geburt im Geburtshaus beschreiben soll, fehlen mir fast die Worte und noch immer steigen mir Tränen der Rührung in die Augen.

Ich fühle solch tiefe Dankbarkeit,
• für eine tolle Begleitung vor, während und nach der Geburt;
• für unsere wunderbare Tochter
• für all eure Kompetenz und euer Wissen. Wir haben uns bei Euch zu jeder Zeit bestens
versorgt und in den besten Händen gefühlt.
• für Euer Vertrauen in Mich als Frau, dass ich die Geburt schaffen werde;
• für die Ruhe, Gelassenheit und tolle Atmosphäre unter der Geburt;
• den für uns perfekten Ort, um unser Kind in dieser Welt willkommen heißen zu können. Bei
Euch wird das „Gebären in Geborgenheit“ zur Wirklichkeit.
• für die tolle Nachsorge und die vielen hilfreichen Tipps im Wochenbett.
Unendliches Glück über ein solch tolles Geburtserlebnis, das mir weit über die Geburt hinaus Kraft, Stärke und Selbstsicherheit vermittelt.

Jana S.