Geburtsberichte von Eltern
Ein vorzeitiger Blasensprung und das Warten auf die Wehen
Blasensprung
Der ET kam und ging und unser Kind ließ auf sich warten. Ich wurde ungeduldig und mir schoss manchmal der (zugegeben irrationale) Gedanke durch den Kopf, ob es überhaupt noch auf diese Welt kommen würde. Am Abend von ET+5 ging es dann los – dachte ich zumindest. Ich lag auf dem Bett und plötzlich ging ein Schwall Fruchtwasser ab, es war wohl die Fruchtblase geplatzt.
Etwas erleichtert stellte ich fest, dass das Wasser farb- und geruchlos war. Da ich in den Vorsorgen erfahren hatte, das Köpfchen von unserem Kind schon „fest im Becken“ lag, gab es für mich wohl keinen Grund zu Panik. Ich informierte freudig meinen Partner, und wir überlegten, was wir jetzt tun sollten. Wir entschieden uns pragmatisch dazu, erst mal das Bett neu zu beziehen. Anschließend brachten wir unseren Hund zu meinen Eltern und hielten an unseren Plänen für den Abend fest – wir gingen ins Kino. Sehnsüchtig wartete ich während des Filmes auf den Beginn der Wehen und spürte allerdings nichts als einen ganz entspannen Bauch und ein wohl schlafendes Baby. So blieb es die ganze Nacht, in der ich nur wenige Stunden schlafen konnte. Am nächsten Morgen rief ich die diensthabende Hebamme an, die mir einen Termin wenige Stunden später im Geburtshaus gab.
Untersuchung im Geburtshaus
Dort leitete Angelika ein CTG ab und bestätigte, was ich schon fühlte: keinerlei Wehentätigkeit. Wir besprachen das weitere Procedere: maximal 36 Stunden nach dem Blasensprung (von denen bereits 12 Stunden verstrichen waren) hatte ich Zeit, mein Kind ambulant zu entbinden. Ansonsten müsste eine Verlegung ins Krankenhaus erfolgen, da das Infektionsrisiko für das Kind zu hoch sei. Ich war niedergeschlagen und glaubte nicht mehr so richtig daran, das noch zu schaffen. Angelika und die Hebammenschülerin Carolina trösteten mich, mir wurde Blut abgenommen und wir verabreden uns erneut für den Nachmittag. Bis dahin sollte ich so gut wie möglich entspannen und außerdem Quarz ausprobieren, dies könne die Wehentätigkeit anregen.
Mein Freund und ich gingen den Tag über viel spazieren, unterhielten uns und freundeten uns mit der Situation an, dass die Wehen immer noch auf sich warten ließen und eine Geburt im Geburtshaus für uns immer unwahrscheinlicher wurde. Kurz vor dem zweiten Termin im Geburtshaus an diesem Tage (gegen 16:30 Uhr) spürte ich leichte Verhärtungen am Bauch und nahm diese dankbar zur Kenntnis. Ich war überrascht, als Angelika mir mitteilte, dass diese Verhärtungen auf dem CTG als regelmäßige Wehen zu sehen waren. Sie nahm mir erneut Blut ab und besprach sich kurz mit der Hebamme für den zweiten Dienst an diesem Tag, Birgit. Gemeinsam beschlossen wir, dass ich es mit einem Rizinus Cocktail versuchen würde, um nichts unversucht zu lassen, die Geburt noch im Geburtshaus erleben zu können. Das Rizinusöl bekamen wir mit und voller Tatendrang kauften mein Freund und ich die restlichen Zutaten in einem nahegelegenen Bioladen ein und mixten den Cocktail gegen 18:00 Uhr bei uns zu Hause. Die Stimmung war irgendwie gelöst. Wir waren froh, etwas tun zu können und hatten wieder etwas Hoffnung gewonnen.
Wehencocktail
Der Cocktail entfaltete schnell seine abführende Wirkung und gleichzeitig setzen die ersten wirklich spürbaren, wenn auch nicht schmerzhaften, Wehen ein. Ich nahm jede der noch unregelmäßigen Wehen dankbar und freudig zur Kenntnis und hoffte einfach, dass es weitergehen würde. Wir gingen noch mal eine Runde um den Block spazieren und gegen 21:30 Uhr telefonierte ich mit Angelika. Sie teilte mir mit, dass meine Blutwerte in Ordnung waren und demnach eine ambulante Geburt noch möglich sei. Sie riet mir, mich nun hinzulegen und meinem Körper zu vertrauen. Wenn die Geburt wirklich losgehen würde, würde ich das schon merken. Sie erinnerte mich daran, dass andernfalls morgen früh eine Überweisung ins Krankenhaus erfolgen müsste.
Ich fand die Idee, mich jetzt hinzulegen, geradezu absurd. Ich hatte die Befürchtung, dass die Wehen dann wieder schwacher werden würden. Mein Freund bestärkte mich darin, es trotzdem zu tun. Ich lief noch ein wenig umher und legte mich dann gegen 23:00 Uhr ins Bett. Ich merkte jedoch schnell, dass jetzt nicht mehr an Schlafen zu denken war. Die Wehen kamen jetzt regelmäßig und waren so stark, dass ich sie erstmals veratmen wollte. Ich erlebte die Wehen weiterhin nicht als unangenehm, nahm jede dankbar zur Kenntnis. Entgegen meines Vorhabens entschied ich mich dazu, die Wehen mit einem Wehentracker zu verfolgen, es gab mir wohl etwas Kontrolle. Sie kamen circa im 7 Minuten Takt. Als sie circa alle 3-5 Minuten kam, riefen wir gegen 1:00 Uhr Angelika an und informierten sie über den aktuellen Stand. Wir wollten noch etwas zu Hause bleiben und würden uns melden, wenn wir ins Geburtshaus kommen wollten. Gegen 2:00 Uhr machten wir uns auf den Weg, die Fahrt erlebte ich unter den Wehen als sehr unangenehm, das erste Mal empfand ich Schmerzen. Gegen 2:15 Uhr trafen wir im Geburtshaus ein.
Ankommen im Geburtshaus
Das Ankommen im Geburtshaus habe ich in lebhafter Erinnerung, es war wie nach Hause kommen. Es war alles wunderschön, die Kerzen, die ruhige, erwartungsvolle Atmosphäre und die herzliche Begrüßung durch Angelika. Ich wurde untersucht, allerdings nicht über das Ergebnis der Untersuchung informiert. Ich fragte auch nicht nach, konzentrierte mich einfach auf mich und die Geburt. Zunächst stehend ans Waschbecken gelehnt, anschließend auf Anraten von Angelika auf dem Gymnastikball. Es tat mir gut, die Wehen laut zu vertönen. Ich war viel lauter, als ich mir das im Vorfeld so vorgestellt hatte. Ich wurde erneut untersucht, und Angelika schien erstaunt über den Geburtsfortschritt. Erneut erfuhr ich nicht, wie weit die Geburt fortgeschritten war, fragte erneut nicht nach. Die folgenden Wehen waren heftig und in kurzen Abständen. Ich nahm das Angebot, in die Badewanne zu gehen, dankbar an und hörte, dass Angelika die zweite Hebamme Birgit so wie die Hebammenschülerin hinzu rief. Ich war total erstaunt, dass wir wirklich schon an diesem Punkt angekommen waren und erlebte eine große Freude darüber, es wohl schon so weit geschafft zu haben.
Nach einigen Positionswechseln in der Badewanne folgte ein für mich wirklich schwieriger Teil, in dem ich meinen nun aufgetretenen, starken Pressdrang veratmen sollte. Ich nahm die Außenwelt nur noch wie durch eine Nebelwand war. Ich hörte, dass ich von meinem Freund und den Hebammen bestärkt wurde. Als ich hörte, dass ich nun mitschieben durfte, gab ich mein Bestes, wusste allerdings nicht wirklich, was zu tun war. Die Hebammen leiten mich an und ließen mich keine Sekunde mehr alleine. Sie entschieden, dass ich aus der Badewanne rauskommen und auf die Toilette, die sich direkt neben der Badewanne befand, gehen sollte. Dort zeigten sie mir, in welche Richtung ich pressen sollte und hielten mir unterstützend die Hände, als ich so gut es ging mit den Wehen schob. Der Kopf meines Kindes hatte sich wohl noch nicht richtig im Geburtskanal eingefunden, Angelika teilte mir mit, er würde immer wieder nach oben „rutschen“. Dies verunsicherte mich, nahm ich diesen Teil der Geburt doch als sehr mächtig war. Das erste Mal unter der Geburt hatte ich Ängste, es nicht zu schaffen.
Tiefe Hocke
Wir entschieden uns für einen erneuten Positionswechsel. In der tiefen Hocke vor der Badewanne und mit meinem Freund hinter mir nahm ich meine ganze Kraft zusammen und presste so gut ich konnte. Ich nahm nichts mehr wirklich wahr und war vollkommen überwältigt, als ich plötzlich mein Kind vor mir sah. Es kam in einer einzigen Wehe auf die Welt und lag nun vor mir. Ich war wie erstarrt und hörte nur Birgit sagen „nun guck es dir doch mal an!“. Ich schaute mein Kind an und war völlig überwältigt. Ich hörte als nächstes „nun nimm es doch mal hoch“. Ich war völlig baff und nahm mein Kind mit den Worten „Was bist du denn für eine süße Maus?“ von der Matte auf und drückte es an mich, mein Freund umarmte uns von hinten.
Ich wurde die wenigen Meter Richtung Bett begleitet, mein Kind immer noch an meine Brust gedrückt. Es war 05:13 und unser Sohn war geboren. Die ersten drei Stunden im Leben unseres Sohnes blieben wir im Geburtshaus. Ich erlebte sie wie im Rausch – die ersten Berührungen, die Geburt der Plazenta, das (nicht schmerzhafte) Nähen meiner Geburtsverletzung, die U1 unseres Sohnes…. Ich war überwältigt, glücklich und voller Dankbarkeit. Ich fühlte mich total stark, so stark wie noch nie in meinem Leben.
Dankbarkeit
Nun, vier Monate nach der Geburt, hat sich nichts daran geändert. Die Geburt und die Erinnerung daran erfüllt mich mit solch mächtigen und wunderbaren Emotionen. Freude, Glück, Stolz. Vor allem aber eine tiefe Dankbarkeit, dass mir, meiner Familie und meinem Kind dieses Erlebnis und dieser wundervolle Start in das gemeinsame Leben ermöglicht wurde. Liebes Team vom Geburtshaus, liebe Angelika, liebe Birgit, liebe Carolina und liebe Anna, die uns so liebevoll und kompetent im Wochenbett betreut hat: Danke!
Marie