Geburtsberichte von Eltern

Eine Hebamme braucht auch Hebammen!

Hebamme im Kulturschock

Ich kam 2011 ziemlich überfordert und planlos schwanger aus Afrika zurück, überglücklich und aufgeregt nun selbst die Erfahrung der Schwangerschaft, des Elternwerdens, Stillens und natürlich die der Geburt machen zu dürfen. Ich bin seit 2006 Hebamme und habe mehr im Ausland als in Deutschland gearbeitet, zuletzt eben in Malawi, wo ich gelernt habe was es heißt sich auf die eigenen Hände und Intuitionen zu verlassen. Aber was ich nun als schwangere Hebamme in Deutschland tun sollte, leicht kulturgeschockt und desillusioniert von der westlichen Geburtshilfe, das war mir nicht so ganz klar. Ich suchte nach Hebammen, die mich verstehen.

Und dann wart ihr da! Jutta, Melanie, Julia und euer Geburtshaus-Team. Ihr habt mich auf so vielen Ebenen aufgefangen, mir Mut gemacht, mich befragt und Ideen ausgetauscht. Bald war mir klar: es geht schon irgendwie weiter. Auch in Deutschland kann sich was verändern! Wir müssen nur lauter werden.

Ich habe angefangen Hebammenwissenschaft zu studieren und mich mit euch darüber ausgetauscht. Hätte ich euch in dieser Anfangszeit nicht gehabt, hätte ich mir das vielleicht nicht zugetraut!

Die Schwangerschaft

Meine Schwangerschaft war ein Traum und selbst als meine Thrombozyten soweit sanken,

dass ich leider nicht mehr im Geburtshaus gebären durfte, wart ihr für mich da und habt mit mir einen Plan ausgeheckt mit dem ich trotzdem in den Genuss eurer Geburtsbegleitung kommen würde.

Kadiwa kam 10 Tage später als der ET, ihr bliebt ganz ruhig und habt mich akkupunktiert und mir immer wieder Geduld zugesprochen. Mitten in der Nacht ging es dann los und ich kam mit meinen zwei Brüdern im Schlepptau auf eisigen Straßen zu Fuß ins Geburtshaus. Dort wartete eine warme Badewanne, gedämmtes Licht, entspannte Musik, Kerzen und Jutta auf mich! Das war himmlisch!

Verlegung in die Klinik

Zwei Stunden später war ich schon weit in der Geburt und wir entschieden nun ins Krankenhaus zu fahren, damit Kadiwa in der Nähe einer Blutbank zur Welt kommen konnte. Es war so schwer für mich diesen vertrauten Ort der Ruhe zu verlassen! So ging es wohl auch Kadiwa, denn sie ließ sich nach diesem Kick-Start noch ganzschön Zeit bis sie dann endlich gesund und ohne Interventionen und Nachblutungen am späten Nachmittag in Begleitung eine wundervollen Hebamme und Hebammenschülerin zur Welt kam. Ich glaube aber im Geburtshaus wäre sie schon in den Morgenstunden geboren, davon bin ich überzeugt!

Worum geht es bei Geburt?

Denn es geht bei einer Geburt nicht nur um die vermeintliche Sicherheit von Kinderklinik, Blutbank und OP, sondern auch um Vertrautheit, Atmosphäre und die emotionale Sicherheit ganz genau gesehen und kontinuierlich kompetent begleitet zu werden. „Watchful waiting“ anstatt „active management“, das wünsche ich jeder Frau auf dem Weg in die Mutterschaft!

Schön, dass es euch in Marburg gibt liebe Kolleginnen! Auf weitere viele Jahre!

Hanna Gehling

Hebamme und Professorin im Studiengang Hebammenwissenschaft

HS Fulda und Hebammencampus Marburg