Geburtsberichte von Eltern
Geburt in Zeiten der Corona-Pandemie
Die erste Geburt in der Klinik
Das Geburtshaus in Marburg habe ich schon vor über 10 Jahren kennengelernt, als meine Nichte dort geboren wurde. Ich erinnere mich, dass ich damals im ersten Moment skeptisch war, weil es mir bis dahin völlig unbekannt war. Je mehr ich allerdings mitbekommen habe umso schöner fand ich die Vorstellung dort irgendwann auch meine Kinder zu bekommen.
Als ich mit meinem ersten Kind schwanger war haben mein Mann und ich uns das Geburtshaus dann genauer angesehen. Wir waren beim Informationsabend, haben unsere Nachsorge-Hebamme kennengelernt und gemeinsam einen Vorbereitungskurs besucht. Es stand allerdings schon relativ früh fest, dass wir für die Geburt ins Klinikum gehen werden. Der Sicherheitsfaktor (schnellste medizinische Versorgung, angeschlossene Kinderklinik etc.) haben – vor allem bei meinem Mann – überwogen und die Entscheidung fühlte sich zu dem Zeitpunkt für uns richtig und gut an.
Im April 2018 kam unser Sohn zur Welt und ich kann garnicht sagen, dass die Geburt nicht gut war oder ich mich im Klinikum schlecht betreut gefühlt habe, das war alles völlig in Ordnung und wir waren einfach glücklich über unsere kleine Familie. Im Laufe der Zeit stellte ich mir aber doch hin und wieder die Frage was hätte anders/besser laufen können.
Beim zweiten Kind ins Geburtshaus
Im Herbst 2019 bin ich wieder schwanger geworden. Sehr schnell habe ich einen Termin zum ersten Gespräch mit meiner Hebamme vereinbart und sie fragte mich ob wir dieses Mal zur Geburt ins Geburtshaus kommen. Wir hatten zu diesem sehr frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft noch nicht darüber gesprochen, aber ich rechnete damit, dass es für meinen Mann noch immer nicht vorstellbar ist . Umso überraschter war ich als er mir sagte, dass er gerne ins Geburtshaus gehen möchte. Für ihn war es vor allem eine schöne Vorstellung mich bei der Geburt zu unterstützen und sich mit einzubringen, anstatt „nur“ Zuschauer zu sein.
Mein Mann ist bei der Geburt dabei
Das hat sich auch nicht geändert als Corona kam. Trotz aller notwendigen Hygienemaßnahmen fühlte sich die Welt im Geburtshaus normal an und das hat mir unheimlich gut getan. In einer Zeit in der so viel Unsicherheit verbreitet wurde, wurden wir hier aufgefangen. Aus verschiedenen Kliniken hörte man sogar, dass die Väter nicht mehr mit in den Kreißsaal dürfen. Im Geburtshaus wurde zu keiner Zeit in Frage gestellt, dass mein Mann dabei sein kann, wenn unser Baby das Licht der Welt erblickt. Hier wird das Paar als Einheit gesehen und der Partner ist als Unterstützung nicht wegzudenken.
Bei der ersten Geburt lag ich über Stunden auf dem Kreißsaalbett, fühlte mich durch das CTG, welches permanent auf meinen Bauch drückte eingeengt und nach einer langen Pause während der Geburt war ich völlig verunsichert ob ich mein Baby überhaupt auf natürlichem Weg bekommen kann. Für meinen Mann war die Situation damals auch nicht einfach, weil er mir nicht viel helfen konnte außer an meiner Seite zu sitzen.
Wir gingen also zu den Vorsorgeterminen wenn möglich gemeinsam und lernten nach und nach auch die anderen Hebammen kennen. Ich fand es beruhigend und schön zu wissen, dass uns eine vertraute Person bei der Geburt begleiten wird. Mit den Hebammen im Geburtshaus habe ich meine erste Geburt noch einmal Revue passieren lassen und besprochen wie ich mir die bevorstehende Geburt vorstelle und was ich mir wünsche. Bei den Terminen wurde sich immer viel Zeit genommen, ich konnte alle Fragen stellen oder auch einfach erzählen was mich beschäftigt. Man bekommt dort als werdende Mama schon ein Gefühl von Geborgenheit.
Yogakurs online
Zur Geburtsvorbereitung habe ich dieses Mal einen Yoga-Kurs besucht, der mir wirklich viel gebracht hat. Ich habe hierdurch ein gutes Körpergefühl bekommen und das hat mich nochmal darin bestärkt meinem Körper voll zu vertrauen. Der Kurs konnte durch Corona leider nicht weiter stattfinden, aber innerhalb kürzester Zeit hat das Geburtshaus einen Onlinekurs auf die Beine gestellt und man konnte per Videokonferenz von zu Hause aus mitmachen. An dieser Stelle nochmal ein großes Dankeschön, dass ihr das ermöglicht habt!
Es geht los…
Am 09.05. (5 Tage vor ET) merkte ich im Laufe des Tages, dass unser Baby sich auf den Weg macht. Am späten Nachmittag -nach einer halben Stunde in der Badewanne – war ich mir sicher, dass es in der Nacht losgehen würde und rief meine Eltern an, die den werdenden großen Bruder bei uns abgeholt haben.
Ich rief unsere Hebamme an und sagte ihr, dass es wohl bald los geht. Da ich noch ganz entspannt war und die Wehen unregelmäßig kamen hat Birgit angeboten erst einmal zu uns nach Hause zu kommen.
Vertraute Umgebung
Kurze Zeit später kam sie bei uns an. Der Muttermund war erst bei 2-3cm und unsere Hebamme hat uns die Entscheidung überlassen ob wir schon zum Geburtshaus fahren wollen. Wir waren noch eine Stunde zu Hause und als ich das Bedürfnis hatte los zu fahren haben wir uns auf den Weg gemacht.
Unsere Hebamme empfing uns im Geburtshaus und die Atmosphäre war einfach toll. Es brannten Kerzen, von draußen schien noch das letzte Sonnenlicht des Tages durch die Gardinen und ich habe mich sofort wohl gefühlt. Eine vertraute Umgebung!
Unsere Hebamme hat die Herztöne kontrolliert, unserem Baby ging es gut und so konnte ich mich erstmal frei im Raum und auf dem Flur bewegen, was ich sehr genossen habe. Immer die Position einzunehmen, die sich für mich gerade gut anfühlte war eine enorme Erleichterung. Diese Möglichkeit hat mir bei meiner ersten Geburt sehr gefehlt. Die Wehen wurden stärker und wir waren überrascht wie eilig unser Baby es scheinbar auf einmal hatte. Als die Hebamme dann die zweite Hebamme anrief fragte ich noch, ob es nicht zu früh sei, aber der Zeitpunkt war genau richtig!
Die letzten Minuten unter Wehen habe ich mich dann nur noch auf einer Matte bewegt und konnte auch hier alles selbst bestimmen. Die beiden Hebammen machten mir Vorschläge zu verschiedenen Positionen und waren die ganze Zeit an meiner Seite. Sie motivierten und beruhigten mich zugleich. Mein Mann hat mich gehalten und war mir eine tolle Unterstützung!
Die Welt steht still
Und dann kam dieser wundervolle Moment in dem unsere Welt für einen kurzen Augenblick still stand: Unsere Tochter wurde geboren. Völlig erstaunt, glücklich und dankbar haben wir sie in den Arm geschlossen und genossen diesen ersten Moment zusammen.
Nach der Geburt hatten wir Zeit und Ruhe zu dritt zu kuscheln und uns auszuruhen. Unser Baby und wir wurden bestens versorgt.
Und als wir uns eine Weile später bereit gefühlt haben konnten wir nach Hause fahren. Ein wunderbares Gefühl so schnell wieder im eigenen Bett zu liegen und anzukommen.
Ich möchte dem Geburtshaus von ganzen Herzen danken! Ihr leistet wundervolle Arbeit und ich hätte mir keine schönere Geburt wünschen können. Durch die Geburt bei Euch hat unsere Tochter den besten Start ins Leben gehabt, voller Vertrauen, Liebe und Geborgenheit. Vielen Dank, dass Ihr das möglich gemacht habt!